Quelle: HBS
: Grundbegriffe zum Thema Betriebsvereinbarungen
Rechtliche Grundbegriffe rund um Betriebsvereinbarungen: Ablösung, Kündigung, zwingende Wirkung...
I. Entstehung und Umsetzung der Betriebsvereinbarung
Eine Betriebsvereinbarung wird im Regelfall abgeschlossen, indem Betriebsrat und Arbeitgeber sie gemeinsam beschließen und schriftlich niederlegen (§ 77 Abs. 2 BetrVG). Im Ausnahmefall kommt eine Betriebsvereinbarung zustande, indem die Einigungsstelle die Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ersetzt. Letzteres ist nur möglich, wenn die Betriebsvereinbarung Sachverhalte regelt, die der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegen, sowie Betriebsrat und Arbeitgeber sich nicht einigen können.
Eine Veröffentlichung der Betriebsvereinbarung ist zwingend vorgeschrieben (§ 77 Abs. 2 BetrVG). Dies kann beispielsweise als Anschlag am betriebsöffentlichen schwarzen Brett oder im Intranet geschehen. Die Betriebsvereinbarung entfaltet ihre Wirkung jedoch auch dann, wenn die Vereinbarung nicht im Betrieb bekannt gemacht wurde. Fehlt die Bekanntmachung, führt das allein noch nicht zu Schadensersatzansprüchen. Allerdings kommt ein solcher Anspruch in Frage, wenn sich für einen Beschäftigten Nachteile ergeben, weil er eine Regelung nicht gekannt hat.
Betriebsvereinbarungen müssen vom Arbeitgeber durchgeführt werden (§ 77 Abs. 1 BetrVG). Die Durchführung der Betriebsvereinbarung ist zugleich Recht und Pflicht des Arbeitgebers. Durchführung bedeutet konkret, dass die einzelnen Regelungen der Betriebsvereinbarung allein vom Arbeitgeber umgesetzt werden müssen. Im Einzelfall können Betriebsrat und Arbeitgeber die Aufgabe der Durchführung auch dem Betriebsrat übertragen. Hinsichtlich der Abhaltung von Sprechstunden und zusätzlichen Betriebsversammlungen liegt die Durchführung ausnahmsweise ohne ausdrückliche Übertragung beim Betriebsrat. Wenn der Arbeitgeber seiner Durchführungspflicht nicht nachkommt, kann der Betriebsrat den Arbeitgeber auf der Grundlage des so genannten Durchführungsanspruchs gerichtlich dazu verpflichten lassen.
Allerdings umfasst der Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung der Betriebsvereinbarung nicht die Möglichkeit, auch die Rechte aus der Betriebsvereinbarung durchzusetzen, die den Beschäftigten darin eingeräumt werden. Dabei handelt es sich weiterhin um Individualrechte der einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Einigungsstelle ist die Einrichtung der Betriebsverfassung, die in Regelungsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat entscheidet (§ 76 BetrVG). Sie ist nur zuständig, wenn a) der Streit auf dem Gebiet der erzwingbaren Mitbestimmung geführt wird oder b) Arbeitgeber und Betriebsrat sich mit einer Entscheidung durch sie einverstanden erklären.
Die Einigungsstelle wird von Fall zu Fall gebildet. Es kann bei Bedarf auch eine ständige Einigungsstelle eingerichtet werden. Ergebnis des Verfahrens vor der Einigungsstelle ist in aller Regel eine Betriebsvereinbarung, die entweder durch Abstimmung (Spruch der Einigungsstelle) oder aber durch Vermittlung der bzw. des Vorsitzenden und der Beisitzenden doch noch in freien Verhandlungen zustande kommt.
Das Betriebsverfassungsgesetz geht von einer grundsätzlichen primären Zuständigkeit der örtlichen Betriebsräte aus. Aus diesem Grund ist die Zuständigkeit der örtlichen Betriebsräte im Gesetz nicht ausdrücklich formuliert. Der Betriebsrat ist zuständig für die Durchsetzung der im Betriebsverfassungsgesetz geregelten Beteiligungsrechte und für die Interessenvertretung der Mitarbeiter vor Ort im Betrieb.
Der Gesamtbetriebsrat eines Unternehmens ist in einer Angelegenheit nur dann zuständig, wenn die Voraussetzungen des § 50 Absatz 1 BetrVG vorliegen. Der Konzernbetriebsrat ist ausnahmsweise für die Wahrnehmung der Beteiligungsrechte zuständig, wenn die Voraussetzungen des § 58 Absatz 1 BetrVG erfüllt sind.
II. Inhalt und Wirkung
Betriebsvereinbarungen können auch in der Weise beendet werden, dass von vornherein das Datum des Auslaufens vereinbart wird. In der Regel wird eine solche Befristung in den Schlussbestimmungen geregelt. Mit Erreichen des so festgelegten Zeitpunkts verliert die Betriebsvereinbarung automatisch, also ohne Kündigung, ihre Wirkung. Das gilt ausnahmsweise nicht, wenn in der befristeten Betriebsvereinbarung eine Nachwirkung vereinbart wird.
In der betrieblichen Praxis wird eine Befristung meist als Probephase vereinbart und oft auch so bezeichnet. Eine solche Bezeichnung hat keine weiteren rechtlichen Auswirkungen.
Regelungen in Betriebsvereinbarungen wirken unmittelbar und zwingend. Unmittelbare Wirkung bedeutet: Während der Laufzeit der Vereinbarung gestalten die Regelungen der Betriebsvereinbarung das Arbeitsverhältnis ohne weiteres Zutun der Arbeitsvertragsparteien. Die Regelungen werden dabei jedoch nicht Bestandteil der einzelnen Arbeitsverträge.
Zwingende Wirkung heißt: Von den vereinbarten Regelungen kann nicht einseitig durch den Arbeitgeber zum Nachteil der Beschäftigten abgewichen werden. Hat eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag eine ungünstigere Regelung vereinbart, gilt für die Laufzeit der Betriebsvereinbarung die betriebliche Regelung. Ausnahmsweise kann sie bzw. er mit Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG gegenüber dem Arbeitgeber auf die Rechte aus der Betriebsvereinbarung verzichten.
Erzwingbar ist die Mitbestimmung, wenn in der entsprechenden Vorschrift im BetrVG steht, dass bei Uneinigkeit zwischen den Betriebsparteien die Einigungsstelle mit bindender Wirkung entscheidet. Diese Form der Mitbestimmung wird auch als Gleichberechtigte Mitbestimmung bezeichnet. Der Wortlaut in den entsprechenden Normen des BetrVG ist meist gleich: „Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.“ Diese Formulierung verweist auf die Verfahrensvorschrift des § 76 Abs. 5 BetrVG. Darin wird bestimmt, dass die Einigungsstelle im Falle der Erzwingbarkeit von nur einer Betriebspartei angerufen werden kann und auch ohne die andere entscheidet, wenn die sich dem Verfahren entziehen will. Erzwingbar ist die Mitbestimmung u. a. in den Fällen der §§ 85 Abs. 2, 87 Abs. 2, 91 Satz 2, 94 Abs. 1 und 2, 95 Abs. 2, 97 Abs. 2, 98 Abs. 3 und 4, 102 Abs. 6, 109, 112 Abs. 4 BetrVG sowie § 9 Abs. 3 ASiG.
Ein Sozialplan ist eine Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile, die der Belegschaft bei einer vom Arbeitgeber geplanten Betriebsänderung entstehen können. Der Sozialplan ist schriftlich niederzulegen. Ein Sozialplan hat gem. § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG dieselbe Wirkung wie eine Betriebsvereinbarung. Das heißt: Er gilt hinsichtlich der Ansprüche der einzelnen Beschäftigten unmittelbar und zwingend. Der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG gilt beim Sozialplan jedoch nicht. Bei Nichteinigung über einen Sozialplan entscheidet die Einigungsstelle gemäß § 112 Abs. 4 BetrVG.
Bei Sozialplänen spielt der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG) in der Praxis eine bedeutende Rolle. Danach darf die in Sozialplänen regelmäßig vorzunehmende Gruppenbildung nicht gleichheitswidrig erfolgen. Das bedeutet, dass eine Differenzierung zwischen den Gruppen im Sozialplan stets sachlich gerechtfertigt sein muss.
Wichtig: Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt für alle Betriebsvereinbarungen und andere betriebliche Regelungen!
Vom Sozialplan unterscheidet sich der Interessenausgleich wesentlich. Der Interessenausgleich ist eine Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zum Ausgleich von unterschiedlichen Interessen bei einer geplanten Betriebsänderung. Er ist zwar genauso wie der Sozialplan schriftlich niederzulegen. Der Interessenausgleich hat allerdings nicht die gleiche Wirkung wie eine Betriebsvereinbarung. Außerdem kann die Einigungsstelle die Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch einen Spruch ersetzen.
Von freiwilliger Mitbestimmung wird gesprochen, wenn das Gesetz nicht vorsieht, dass im Falle der Nichteinigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber die Einigungsstelle angerufen werden kann und diese abschließend entscheidet. Das ist der Fall, wenn dem Betriebsrat vom BetrVG nur die Beteiligungsrechte Information/Unterrichtung, Beratung/Anhörung bzw. Zustimmungsverweigerung eingeräumt werden. Die freiwillige Mitbestimmung bildet damit das Gegenstück zur erzwingbaren Mitbestimmung. Auch im Falle der freiwilligen Mitbestimmung können die Betriebsparteien Betriebsvereinbarungen mit unmittelbarer und zwingender Wirkung schließen. Das Mitbestimmungsrecht kann a) dem Betriebsrat durch Tarifvertrag eingeräumt werden oder b) aufgrund von Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber mit Abschluss der Betriebsvereinbarung durch die Praxis entstehen.
Die Regelungsabrede ist von der Betriebsvereinbarung abzugrenzen. Regelungsabreden nennt man alle mündlich, schriftlich oder stillschweigend geschlossenen Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, die nach dem Willen der Betriebsparteien keine zwingende und unmittelbare Wirkung haben sollen. Diese Vereinbarungen schaffen direkt nur Rechte und Pflichten für die beiden Betriebsparteien, nicht jedoch für die einzelnen Arbeitsverhältnisse.
Erst in einem zweiten Schritt, sofern die Betriebsparteien dies wollen, wirken sich diese Vereinbarungen durch Änderung der einzelnen Arbeitsverträge oder durch Weisungen des Arbeitgebers auf die Rechte und Pflichten der einzelnen Beschäftigten aus.
III. Verhältnis zu anderen Rechtsquellen
Die Arbeitsverträge der Beschäftigten müssen beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung beachtet werden. Es gibt vielfältige Wechselwirkungen, weil das Gesetz weder dem Arbeitsvertrag noch der Betriebsvereinbarung eindeutig den Vorrang gibt. Daher war und ist die Arbeitsgerichtsbarkeit zur Klärung des Verhältnisses berufen. Kernprobleme des Verhältnisses zwischen Betriebsvereinbarung und Arbeitsverträgen hat die Rechtsprechung wie folgt gelöst:
Wenn der Arbeitsvertrag und eine Betriebsvereinbarung kollidieren, gilt das Günstigkeitsprinzip. Das bedeutet: Maßgeblich ist die Regelung, die für die Beschäftigte oder den Beschäftigten günstiger ist. Selbst wenn der Arbeitsvertrag Bedingungen regelt, die der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegen, gilt das Günstigkeitsprinzip.
Die Betriebsvereinbarung darf individuelle Ansprüche einzelner Beschäftigter ausnahmsweise dann verschlechtern, wenn es sich um vertragliche Einheitsregelungen handelt und die Neuregelung insgesamt für alle Beschäftigten günstiger ist (Kollektiver Günstigkeitsvergleich). Praktisch wurde der kollektive Günstigkeitsvergleich von der Rechtsprechung bisher nur bei Streitigkeiten um die betriebliche Altersversorgung angewendet. Man darf davon ausgehen, dass dies so bleibt.
Eine Gesamtzusage ist ein Versprechen des Arbeitgebers, den einzelnen Beschäftigten eine bestimmte Leistung zu gewähren. Diese Zusage wird zwar der ganzen Belegschaft erteilt, hat aber individualrechtliche Auswirkungen. Technisch handelt es sich um eine Ergänzung des Arbeitsvertrages. Im Verhältnis der Gesamtzusage zur Betriebsvereinbarung gilt daher auch das Günstigkeitsprinzip.
Theoretisch sind Betriebsvereinbarungen zu allen erdenklichen Sachverhalten möglich. Allerdings setzt das BetrVG zwei Grenzen in § 77 Abs. 3 und in § 87 Abs. 1. Darin wird dem Tarifrecht ein genereller Vorrang vor Betriebsvereinbarungen eingeräumt. Dieser ist absolut und erlaubt keine abweichende betriebliche Regelung – demnach auch keine Verbesserung. Das Günstigkeitsprinzip gilt im Verhältnis zwischen Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag nicht.
Der Tarifvorrang (§ 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG) lautet: „Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.“ Das bedeutet: Selbst wenn kein Tarifvertrag zum Entgelt oder anderen üblichen tarifvertraglichen Themen existiert, können diese Fragen nicht durch eine Betriebsvereinbarung geregelt werden. Nur für Sozialpläne gilt der Tarifvorrang nicht (§ 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG).
Anders verhält es sich, wenn ein Tarifvertrag existiert und dieser keine abschließende Regelung trifft, sondern stattdessen durch eine so genannte Öffnungsklausel gemäß § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG eine ergänzende oder abweichende Regelung durch die Betriebsparteien erlaubt.
Das Verhältnis zwischen den beiden Regelungssperren in den §§ 77 Abs. 3 und 87 Abs. 1 BetrVG hat die Rechtsprechung geklärt, indem sie sich der so genannten Vorrangtheorie angeschlossen hat. Diese Theorie besagt: Wenn kein Tarifvertrag besteht, die Betriebsparteien aber eine Betriebsvereinbarung zu einem üblicherweise in Tarifverträgen behandelten Thema schließen wollen und gleichzeitig ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG besteht, sind die Betriebsparteien dazu in der Lage. Denn dann gilt nur der Tarifvorrang des § 87 Abs. 1 BetrVG und nicht der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG.
Die Vorrangtheorie hat jedoch keinerlei praktische Auswirkungen, sobald ein Tarifvertrag abschließend zu dem fraglichen Thema existiert. Denn für diesen Fall schließt schon der Eingangssatz des § 87 BetrVG eine Betriebsvereinbarung aus.
Kollektive Regelungen sollen die Rechtsstellung der Beschäftigten verbessern, nicht verschlechtern. Deshalb gilt für Tarifverträge wie für Betriebsvereinbarungen: Günstigere individuell ausgehandelte Bedingungen gehen vor. Das Günstigkeitsprinzip in Bezug auf Betriebsvereinbarungen wurde von der Rechtsprechung entwickelt. Es gilt nicht im Verhältnis zwischen Tarifvertrag zur Betriebsvereinbarung. Hier geht der Tarifvertrag gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG immer vor.
IV. Betriebliche Änderung und Beendigung
Bei einem Betriebsübergang kann es vorkommen, dass eine Betriebsvereinbarung durch eine andere Betriebsvereinbarung abgelöst wird. Dies kann zu verschlechterten Arbeitsbedingungen führen.
Beim Betriebsübergang wechselt der Inhaber des Betriebs oder eines Betriebsteils (der Arbeitgeber). Im Grundsatz soll sich an der Rechtsstellung der Beschäftigten durch diesen Vorgang nichts ändern. Deshalb ordnet § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB an: Der neue Arbeitgeber, Erwerber genannt, tritt in alle Rechte und Pflichten des vorherigen Arbeitgebers ein. Da bei dem Übergang jedoch unter Umständen Akteure verloren gehen, die bislang für die kollektiv geregelten Arbeitsbedingungen zuständig waren – der Betriebsrat und die Tarifvertragsparteien – sieht das Gesetz in diesem Fall für Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge vor, dass deren Inhalt Bestandteil der Einzelarbeitsverträge wird.
Diese in den Arbeitsvertrag überführten Regelungen dürfen erst nach Ablauf eines Jahres zum Nachteil der Beschäftigten geändert werden. Wenn der neue Arbeitgeber jedoch seinerseits durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge gebunden ist, kann auch vorher eine Änderung zum Nachteil der Beschäftigten erfolgen. Auch kann ein Wegfall innerhalb der Jahresfrist eintreten, wenn bisherige Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge beim bisherigen Arbeitgeber nicht mehr gelten. Dies trifft zu bei Betriebsvereinbarungen, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs gekündigt werden oder befristet abgeschlossen wurden.
Betriebsvereinbarungen enden durch Ablösung, Fristablauf, Kündigung oder wenn der Zweck der Betriebsvereinbarung erreicht wird.
Im Prinzip ist hinsichtlich der Beendigung alles vereinbar, z. B. die Beendigungsform, die Kündigungsfrist und eine Verpflichtung, dass nach Ablauf der Kündigung sofort über eine neue Betriebsvereinbarung verhandelt wird. Möglich ist u. a. Folgendes:
- Die Betriebsvereinbarung wird einvernehmlich ohne jegliche Kündigungsfrist schriftlich aufgehoben.
- Die Dauer der Kündigungsfrist wird von Vornherein verlängert.
- Die Dauer der Kündigungsfrist wird von Vornherein verkürzt.
- Die Kündigung der Betriebsvereinbarung wird ausgeschlossen (Folge: nur eine fristlose Kündigung und eine Ablösung möglich).
- Es wird vereinbart, dass eine Betriebsvereinbarung, deren Inhalt der freiwilligen Mitbestimmung unterliegt, nachwirkt.
Denkbar ist die Beendigung einer Betriebsvereinbarung auch durch fristlose Kündigung gemäß § 314 Abs. 1 BGB, wenn Betriebsrat oder Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, den Ablauf der normalen Kündigungsfrist abzuwarten. Allerdings sind an den Grund für eine fristlose Kündigung hohe Anforderungen zu stellen. In der Praxis kommt eine rechtlich wirksame fristlose Kündigung kaum vor. Im Falle einer wirksamen fristlosen Kündigung entfällt die Nachwirkung. Es sei denn es überwiegen schutzwürdige Interessen der Beschäftigten wie z. B. bei Abfindungsansprüchen aus einem Sozialplan.
Weiterhin kann eine Betriebsvereinbarung durch tatsächliche Umstände beendet werden, z. B. durch eine vollständige Betriebsstilllegung.
Eine Betriebsvereinbarung verliert auch dann ihre Wirkung, wenn ihr eine andere zum selben Thema/Regelungsgegenstand nachfolgt.
Existieren in einem Betrieb mehrere Betriebsvereinbarungen zum selben Thema/Regelungsgegenstand, gilt diejenige, die zuletzt abgeschlossen wurde. Eine jüngere Betriebsvereinbarung setzt also die jeweils ältere(n) außer Kraft. Auch wenn die ältere bereits gekündigt ist und nur noch nachwirkt, wird sie durch eine jüngere abgelöst.
Ausnahmsweise sind die älteren Betriebsvereinbarungen manchmal nicht vollständig wirkungslos. Werden darin langfristige Ansprüche geregelt – etwa zur betrieblichen Altersversorgung – ist jede Betriebsvereinbarung für die Zeit, in der sie noch nicht abgelöst war, ausschlaggebend für die Höhe der erworbenen Ansprüche.
Die Kündigung einer Betriebsvereinbarung wird gemäß § 77 Abs. 5 BetrVG mit einer Frist von drei Monaten ab Zugang der Kündigungserklärung wirksam. Die Kündigung wirkt nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, wie z. B. zum Monatsende, sondern tatsächlich zu dem Termin genau drei Monate später. Allerdings können andere Kündigungsfristen und -termine zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart werden.
Die außerordentliche und fristlose Kündigung kommt praktisch kaum vor. Die Anforderungen, die an ihre Wirksamkeit zu stellen sind, machen es fast unmöglich, sie wirksam auszusprechen.
Die so genannte Teilkündigung bezeichnet den Umstand, dass nur ein Teil der Betriebsvereinbarung gekündigt wird. Dies ist nur möglich, wenn der Teil der Betriebsvereinbarung, der weiterhin bestehen soll, einen sinnvollen und logisch abtrennbaren eigenständigen Regelungskomplex bildet. Demnach ist eine Teilkündigung nur zulässig, wenn der übrig bleibende Teil der Betriebsvereinbarung ohne den gekündigten Teil Sinn macht.
Betriebsvereinbarungen können auch nach ihrer Beendigung – durch Fristablauf oder Kündigung – weiterhin Wirkung entfalten. Dies wird als Nachwirkung bezeichnet.
Die Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung setzt nach Ablauf der Kündigungsfrist oder einer Befristung der Betriebsvereinbarung ein, wenn keine andere Regelung getroffen wurde. Allerdings tritt diese Nachwirkung nur dann ein, wenn die Betriebsvereinbarung einen Sachverhalt der erzwingbaren Mitbestimmung regelt oder wenn die Betriebsparteien die Nachwirkung ausdrücklich vereinbart haben. Umgekehrt können die Betriebsparteien auch vereinbaren, dass die Nachwirkung ausdrücklich entfällt.
Durch die Nachwirkung gelten die Normen der Betriebsvereinbarung weiterhin unmittelbar, aber nicht mehr zwingend. Das heißt: Beschäftigte, die zu einem Zeitpunkt eingestellt werden, an dem die Kündigungsfrist für die Betriebsvereinbarung schon abgelaufen ist, kommen noch in den Genuss ihrer Leistungen bzw. müssen sich an die nachwirkenden Regeln halten. Allerdings hat der Arbeitgeber jetzt die Möglichkeit, abweichende Ergänzungen oder Änderungen der Arbeitsverträge mit den Beschäftigten zu schließen. Denn die zwingende Wirkung der Betriebsvereinbarung ist entfallen.
Die Betriebsparteien können die Nachwirkung vereinbaren, wenn die Themen/Regelungsgegenstände in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung geregelt werden können.